Prozessautomatisierung im Mittelstand: Chancen, Technologien und Umsetzungsempfehlungen

Executive Summary: Viele mittelständische Unternehmen verfügen über umfangreiche Automatisierungspotenziale – etwa bei der Rechnungsbearbeitung, Bestellabwicklung oder im Kundenservice – schöpfen diese aber oft nicht strategisch aus. Moderne Technologien wie Robotic Process Automation (RPA), KI-gesteuerte Automatisierung und Low-Code/No-Code-Plattformen können hier Abhilfe schaffen: Studien zeigen, dass zwei Drittel der DACH-Unternehmen in den kommenden Jahren in intelligente Prozessautomatisierung investieren wollen. Der ROI von RPA-Projekten liegt in der Praxis meist unter einem Jahr, wenn passende Prozesse ausgewählt werden. Wichtig ist dabei eine strukturierte Einführung: zuallererst Prozesse transparent machen (etwa durch Prozesslandkarten), anschließend klare Ziele und Verantwortlichkeiten definieren, Pilotprojekte durchführen und das Change Management (Einbindung der Mitarbeiter) konsequent betreiben. Dieser Beitrag skizziert Schlüsseltechnologien (RPA, KI, Low-Code, BPM), nennt aktuelle Zahlen und Praxisbeispiele (z. B. Logistik und SAP-Finance), zeigt Pro- und Contra-Argumente auf und gibt einen Leitfaden für die pragmatische Einführung der Automatisierung im Mittelstand.

Herausforderungen und Potenziale

Mittelständler sehen sich heute mit einem Dreiklang aus Fachkräftemangel, steigenden Wettbewerbsdruck und vermehrten komplexen Aufgaben konfrontiert. Viele administrative Abläufe sind zeitintensiv, fehleranfällig und repetitiv – klassische Beispiele sind Rechnungsprüfung, Bestelleingang, Datenpflege in ERP-Systemen oder Personalverwaltungsaufgaben. Prozessautomatisierung bietet hier enorme Potenziale: Software-Roboter können regelbasierte Arbeitsschritte übernehmen, Termine im SAP-System auslösen oder Daten zwischen Insellösungen austauschen. So spart RPA nicht nur Zeit, sondern erhöht auch die Prozessqualität (weniger Fehlbuchungen, schnellere Kundenreaktion). In der Praxis berichten Unternehmen von tausenden gesparten Stunden pro Jahr: So reduzierte ein mittelständischer Logistikkonzern (Andreas Schmid Group) die Durchlaufzeit eines Transportauftrags von 4 Minuten auf unter 1 Minute und sparte damit rund 2.000 Stunden pro Jahr ein. Ein weiterer Prozess zur Palettenabrechnung konnte dank Human-in-the-Loop-Automatisierung pro Jahr 1.250 Arbeitsstunden einsparen und die Fehlerquote deutlich senken.

Dennoch gibt es auch Hürden: Viele Unternehmen schätzen den Aufwand und die Kosten einer Einführung noch zu hoch ein oder verfügen nicht über ausreichende Digitalkompetenzen intern. Die KfW-Digitalstudie mahnt, dass Deutschland bei Digitalwissen zurückliegt und IT-Fachkräfte fehlen. Auch mangelt es bisweilen an strategischem Bewusstsein: Digitalisierung und Automatisierung werden oft als „nice-to-have“ wahrgenommen, statt den Kern der Unternehmensstrategie zu bilden. Zudem sprechen Datenschutz- und Sicherheitsfragen gerade bei Cloud-Lösungen Bedenken aus. Ein systematischer Ansatz ist daher nötig: Zuerst sollten Verantwortliche die relevanten Prozesse identifizieren und visualisieren. Eine Prozesslandkarte schafft hier Transparenz über alle Management-, Kern- und Unterstützungsabläufe und legt Optimierungspotenziale offen.

Prozesslandkarten visualisieren alle Abläufe eines Unternehmens – sie machen Prozesse transparent und erleichtern die Identifikation von Schwachstellen.

In der Prozesslandkarte werden Managementprozesse (z. B. Strategie, Controlling), Kernprozesse (z. B. Produktentwicklung, Produktion, Vertrieb) und Unterstützungsprozesse (z. B. Einkauf, IT, Personal) strukturiert dargestellt. Diese Prozessvisualisierung fördert ein gemeinsames Verständnis und erleichtert es, Automatisierungskandidaten auszuwählen.

Bei der Auswahl von Automatisierungsprojekten sind Quick Wins möglich, indem man mit oft wiederkehrenden, klar abgrenzbaren Abläufen beginnt (z. B. Rechnungseingang, Bestellfreigabe, Mitarbeiter-Onboarding). Laut IDC- und PwC-Studien haben über 50 % der DACH-Unternehmen RPA bereits pilotiert, und 65 % planen RPA-Einführungen in den nächsten 12–24 Monaten. Wichtig ist eine nachvollziehbare Benefit-Rechnung: Studien belegen, dass gut implementierte RPA-Projekte im Mittel einen ROI unter 12 Monaten erzielen. Auch qualitativer Nutzen zählt: 72 % der Automatisierungs-Anwender im Finanzbereich bestätigen, dass die Belegschaft trotz Bot-Einsatz erhalten bleibt und die meisten sogar sehr zufrieden mit den Ergebnissen sind.

Schlüsseltechnologien und Trends

In der Praxis ergänzen sich verschiedene Technologien zur Prozessautomatisierung:

  • Robotic Process Automation (RPA/IPAs): Software-Roboter („Bots“) imitieren menschliche Klick- und Dateneingabe in bestehenden Systemen. Klassische RPA sorgt für Automatisierung bei klar definierten, regelbasierten Abläufen – etwa Stapelverarbeitung in SAP, Rechnungserfassung, Datenmigration. Intelligente Prozessautomatisierung (IPA) erweitert RPA um KI-Komponenten (z. B. OCR/Texterkennung, Machine Learning). Damit lassen sich auch unstrukturierte Daten einbinden. Laut IDC-Erhebungen planen 70 % der Mittelständler, noch in diesem Jahr in intelligente Automation zu investieren.

  • Künstliche Intelligenz: KI und Machine Learning werden vor allem dort eingesetzt, wo Datenanalyse und Erkennung benötigt werden – etwa zur automatischen Textklassifikation, Prognosen oder Entscheidungsunterstützung. Generative KI (z. B. ChatGPT) kann Arbeitsanweisungen oder E-Mail-Entwürfe automatisieren. Bereits 72 % der deutschen Mittelständler setzen teilgenerative KI ein, um z. B. Berichte oder Routinekommunikation effizienter zu gestalten (gem. Assecor-Studie). Besonders leistungsfähig ist die Kombination: RPA-Bots mit eingebetteter OCR/AI (sogenannte „Smart Bots“) können etwa eingehende Rechnungen lesen, verbuchen und Buchhaltungsfreigaben einleiten (wie im Beispiel weiter unten).

  • Low-Code/No-Code-Plattformen: Diese Tools erlauben es Fachabteilungen, ohne klassische Programmierung eigene Anwendungen und Automatisierungen zu entwickeln. In einer aktuellen Umfrage nutzen bereits 50 % der Unternehmen Low-Code-Plattformen, 46 % No-Code-Tools, oft parallel zu traditionellen Entwicklungsumgebungen. Gründe sind vor allem schnellere Umsetzung, höhere Flexibilität, geringere Kosten und mehr „Business-nahes“ Arbeiten. Beispiele sind Microsoft Power Apps/Power Automate, Mendix, OutSystems oder SAP Build. Ein Ratschlag aus der Praxis: Solche Plattformen sollten am Anfang idealerweise in enger Kooperation zwischen IT-Experten und Fachabteilungen eingeführt werden – und falls interne Ressourcen knapp sind, kann ein externer Dienstleister unterstützen, die Technologie professionell aufzubauen, ohne interne IT-Teams dauerhaft zu binden.

  • BPM- und Prozessmining-Systeme: Business-Process-Management-Systeme (z. B. Camunda, Bonita, SAP Signavio) helfen, Workflows zu modellieren, zu steuern und zu überwachen. Sie bilden das Grundgerüst für integrierte Automatisierung. Mit Process Mining (z. B. Celonis, ProcessGold) analysieren Firmen ihre System-Logs, um zu sehen, welche Abläufe überhaupt automatisierbar sind. Bereits jeder Zweite verwendet Process Mining, und 49 % der IDC-Befragten setzen es heute ein. Die Vision ist klar: Integrated Automation durch End-to-End-Plattformen. Entsprechend erwarten 68 % der Unternehmen, dass zukünftig ihre ERP-/CRM-Systeme native Automationsfunktionen mitbringen.

Technologietrends sind also klar: Die Zukunft gehört der Hyperautomation, in der RPA, KI, Low-Code und BPM zusammenwirken. Mittelständische Entscheider sollten in diesem Umfeld den Blick auch auf Cloud-Services richten. Denn Cloud-Plattformen wie UiPath Automation Cloud oder Microsoft Power Platform übernehmen Wartung und Updates zentral – bei Andreas Schmid etwa ermöglichte die Automation-Cloud, dass das IT-Team sich auf Entwicklung statt Infrastrukturpflege konzentriert.

Aktuelle Studien und Zahlen

Marktstudien untermauern den Automatisierungstrend im Mittelstand mit harten Zahlen:

  • Einsatzgrad: Laut IDC/UiPath wollen 66 % der DACH-Unternehmen innerhalb von 2 Jahren in IPA investieren. In einer PwC-Studie gaben bereits 54 % der befragten Firmen an, heute RPA im Einsatz zu haben – in der Schweiz sind es sogar 63 %. Im produzierenden Gewerbe sowie im Dienstleistungssektor (Umsatz 100–500 Mio. €) liegt die Durchdringung besonders hoch. Nur wenige Mittelständler schieben die Einführung grundsätzlich auf – die Mehrheit, die noch zögert, begründet dies primär damit, dass sie sich noch nicht gründlich damit beschäftigt hat.

  • Nutzen und Erwartungen: IDC/Blue-Prism-Umfragen (2022) zeigen, dass Über 70 % der Unternehmen Kostensenkungen (32 % Nennung), Leistungssteigerungen (31 %) und nachhaltige Prozessverbesserungen (je 30 %) als Haupttreiber für IPA sehen. Zwei Drittel erwarten, dass Automation ihre Agilität signifikant erhöht. 75 % halten Automatisierung gar für zwingend notwendig zur erfolgreichen Digitalisierung.

  • ROI und Wirtschaftlichkeit: Nach Angaben des BMWK-Portals „Wirtschaft Digital BW“ amortisieren sich RPA-Projekte im Schnitt in unter 12 Monaten. Tatsächlich berichten viele Mittelständler von sehr kurzen Amortisationszeiten: Einmal implementiert, liefern Software-Roboter schnell sichtbare Ergebnisse und Einsparungen. Entsprechend bewerten 80 % der Anwender ihre RPA-Lösungen als zufriedenstellend oder sehr zufrieden.

  • Anwendungsbreite: Die schnellsten Verbesserungen sehen Firmen dort, wo hohe manuelle Aufwände anfallen. Typische Einsatzbereiche sind Finanz-/Rechnungswesen (z. B. automatische Rechnungserfassung, Buchhaltung), Customer Service (Status-E-Mails, Datensynchronisation), IT-Administration und Einkauf/Logistik. Im IoT-Umfeld und in der Produktion beschleunigt Automatisierung beispielsweise Materialbestellungen, Instandhaltungsplanung oder Qualitätskontrollen. Eine PwC-Studie ergab zudem: 72 % der RPA-Nutzer behalten ihre Mitarbeiter (RPA ersetzt sie nicht), weil die Roboter nur „Stressarbeit“ übernehmen, während Menschen sich auf kreative, wertschöpfende Aufgaben konzentrieren.

Einige Kennzahlen aus Studien zur Prozessautomatisierung im Mittelstand:

  • 54 % der DACH-Unternehmen setzen RPA ein.

  • 65 % wollen RPA innerhalb eines Jahres (oder 24 Monaten) einführen.

  • 73 % erwarten durch Automation erhöhte Agilität.

  • ROI in <12 Monate (Deloitte übermittelt).

  • Hauptmotiv: Kosten senken (je 30 %), Prozesse modernisieren (28 %).

Praxisbeispiele aus dem DACH-Mittelstand

1. Logistik: Andreas Schmid Group (Mittelstand, 1.600 MA) – Im Rahmen einer konzernweiten Digitalisierungsstrategie wurde ein zentrales RPA-Team aufgebaut. In nur 8 Monaten automatisierte man 13 wiederkehrende Prozesse (z. B. Auftragsabwicklung, Transportabrechnung). Beispiel: Die manuelle Eingabe von Transportaufträgen (zuvor 4 min/Auftrag) erledigt nun ein Bot in unter 1 Minute, was 2.000 Stunden Zeit pro Jahr spart. In einem weiteren Prozess für Palettentausch-Rechnungen reduzierten Bots den Aufwand auf 20 % der ursprünglichen Zeit (Einsparung von ~1.250 Stunden/Jahr). Wichtig: Die Firma kombinierte RPA mit OCR und KI („Human-in-the-Loop“), sodass Mitarbeiter nur Sonderfälle prüfen. Intern förderte der Anbieter gemeinschaftlich mit Fachbereichen die Akzeptanz – Bots wurden „Lieblingshelfer“, indem sie etwa tägliche Status-Mails automatisiert versendeten. Der Prozessleiter betont: „Bei uns geht es nicht nur um Technologie, sondern um das Business und die Menschen dahinter.“ Die Belegschaft wurde früh eingebunden (z. B. in Workshops zur Prozessdefinition). Ergebnis: hohe Akzeptanz, schnelle Skalierung (aktuell 31 Bots, weitere 18 Projekte in der Pipeline). Fazit: RPA war „ein sinnvoller Weg, Prozesse effizienter zu machen“.

2. Finanzprozesse/SAP: All-for-One (Mittelständischer SAP-Dienstleister) – Der IT-Dienstleister All-for-One nutzte die SAP Build Process Automation (eine Low-Code-Plattform mit eingebauten RPA-Bots) für die Finanzbuchhaltung seiner Kunden. Standard-Bots lesen Rechnungen aus (OCR) und buchen sie ins SAP ERP – etwa Lieferantenrechnungen mit 15 Positionen. Ein Beispiel: Ohne Automatisierung benötigte die Buchhaltung für diese Rechnung rund 8 Minuten zur Erfassung. Der RPA-„Invoice Assistant“ erledigt dies in ~2 Minuten und bucht gleichzeitig auf korrekte Konten. So wurden Fehler reduziert und Mitarbeiter entlastet. All-for-One ergänzt die vorgefertigten Bots um kundenspezifische Abläufe (z. B. Freigabe-Workflows). Die Skalierbarkeit ermöglicht es, Bots mit geringem Aufwand zu vervielfältigen. Hier zeigt sich der Nutzen von Low-Code/RPA-Kombination: Fachabteilungen bekommen schnell verwertbare Hilfsmittel, während IT/Dienstleister mit Know-how die Plattform anpassen. Dieses Vorgehen lässt sich auf weitere Prozesse übertragen: Beispiel-Anwendungen sind u. a. Auftragsbearbeitung, Lieferantenanmeldung und System-Health-Checks.

Diese Praxisbeispiele veranschaulichen: Automatisierung lohnt sich branchenübergreifend. Entscheidend ist, zunächst Prozesse mit hohem Volumen und klarem Regelcharakter zu wählen – von der Eingangsrechnung über Kundenaufträge bis hin zu Reporting-Jobs. Dabei führt der Einsatz oft zu vergleichsweise schnellen Erfolgen und einer messbaren Entlastung der Mitarbeiter.

Umsetzungsschritte & Quick Wins

Erfolgreiche Mittelständler gehen die Automatisierung schrittweise an:

  1. Prozesse priorisieren: Zuerst Prozesse identifizieren, die automatisierungstauglich sind (hoher manueller Aufwand, klare Regeln, digitalisiert vorliegende Daten). Tools wie Prozess- oder Task Mining helfen, ungenutztes Potential aufzudecken.

  2. Ziele kommunizieren: Geschäftsführer und Fachabteilungen müssen (auch über Schwachstellen) informiert werden. Ein klares Zielbild („Fehlerquote halbieren“, „Bearbeitungszeit um 80 % reduzieren“) schafft intern Rückhalt. Dabei empfiehlt IDC, klare Projektziele zu definieren und Ergebnisse regelmäßig zu präsentieren.

  3. Pilotprojekte starten: Mit einem Prototyp oder Pilotprojekt mit einem Business Case beginnen (z. B. automatisierte Rechnungserfassung). Schnell erreichbare „Quick Wins“ stärken das Vertrauen in das Vorhaben. Unternehmen wie All-for-One setzen zunächst Standard-RPA-Bots ein und haben so in kurzer Zeit spürbare Effekte erzielt.

  4. Technologieauswahl: Die passende Lösung muss ausgewählt werden – von reiner RPA-Software über Low-Code-Plattformen bis hin zu KI-Tools. Entscheidend ist die Unternehmenskompatibilität: Viele Mittelständler setzen auf bewährte Tools (UiPath, Automation Anywhere, Microsoft Power Automate, SAP Build usw.), oft kombiniert. Es lohnt sich, auf Middleware und APIs zu achten, damit das Ökosystem aus Automatisierungsplattform, ERP und Cloud-Diensten später zusammenspielt.

  5. Skalierung und Governance: Parallel zum Piloten sollte man ein Organisationsmodell schaffen: Wer entwickelt die Automatisierungen (interne Power-User oder externes Center of Excellence)? Wer betreibt die Plattform? Integrierte Dashboards und Monitoring-Tools (wie in der Andreas-Schmid-Case) helfen, Nutzen kontinuierlich zu messen. Wichtig ist eine Balance zwischen Struktur und Agilität: Nur so lassen sich Automationen sicher erweitern, ohne das Tagesgeschäft zu stören.

Quick Wins-Beispiele: Schon kleinste Anläufe können lohnend sein. Beispiele aus der Praxis umfassen u. a. die automatisierte Erfassung von Eingangsrechnungen (siehe oben), die Auftragsanlage aus E-Mails, Standardreporting (Tages- oder Monatsberichte automatisch verschicken, wie „Rob Botone“ bei Andreas Schmid) oder einfache Chatbots für Helpdesk-Anfragen. Bereits eine einmalige Automatisierung entlastet Mitarbeiter, die sich dann auf Ausnahmen und kreativere Aufgaben konzentrieren können.

Change Management und Mitarbeitereinbindung

Technik allein garantiert keinen Erfolg – der Mensch steht im Mittelpunkt. Häufigster Stolperstein ist interner Widerstand: Mitarbeiter fürchten Jobverlust oder fühlen sich übergangen. Studien und Erfahrungen zeigen jedoch: Mit gezielter Einbindung und Transparenz lässt sich Ängsten vorbeugen. Bei Andreas Schmid etwa wurden die Belegschaft und die Fachabteilungen von Anfang an in Workshops und Tests eingebunden. Die Verantwortlichen erklärten, dass die Bots gerade „Stress-Arbeit“ übernehmen und die Stellen nicht abgebaut werden. Ein Automatisierungsmanager bringt es auf den Punkt: „Es geht bei uns nicht nur um Technologie, sondern um das Business und die Menschen.“

Wichtige Erfolgsfaktoren in der Einführung sind daher:

  • Kommunikation: Frühzeitig in allen Bereichen erläutern, welche Veränderungen anstehen. Klare Erfolgsgeschichten (z. B. „Wir haben durch Bot-Automation 1.200 Stunden frei“) motivieren und begründen den Aufbruch.

  • Schulung und Qualifikation: Nicht nur IT, auch Fachabteilungen sollten mit den Tools vertraut sein („Citizen Developer“). Schulungen, Handbücher und ein Change-Team helfen, Akzeptanz zu schaffen.

  • Transparenz über Mehrwert: Automatisierte Prozesse sollten messbar sein. Dashboards und Reports, wie im Beispiel jedes Bot-Prozess ein eigenes Monitoring erhielt, verdeutlichen den Nutzen. Mitarbeiter sehen so, wie viel Zeit sie künftig für wertvollere Aufgaben gewinnen.

  • Mitarbeiterbeteiligung: Ein interner Ideenkanal (z. B. Online-Formular für Automatisierungsvorschläge) sammelt praxisnahe Projektideen – so entstehen neue Automatisierungskandidaten direkt aus den Fachbereichen. Andreas Schmid setzte etwa ein Formular ein, über das alle Mitarbeitenden Prozesse vorschlagen konnten.

  • Agile Iteration: Eine Automationsreise ist kein Big Bang. Prozesse sollten iterativ optimiert werden. Beginnend mit einem MVP-Prozess (Minimal Viable Product) lässt sich das Konzept ausrollen und ständig verbessern.

Ein positives Klima macht sich bezahlt: In den Fallbeispielen wurden die Bots nicht als Konkurrenz empfunden, sondern als Helfer. So konnte Andreas Schmid beobachten, dass „die Mitarbeitenden die Automatisierung von Prozessen begrüßen, da sie von Anfang an mitgenommen wurden“. Letztlich führt dies zu Mitarbeiterzufriedenheit und einer beschleunigten digitalen Transformation.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Für mittelständische Unternehmen ist die Automatisierung repetitiver Prozesse heute ein entscheidender Hebel, um wettbewerbsfähig zu bleiben. RPA- und Low-Code-Technologien ermöglichen schnelle Effizienzgewinne und hohe Qualität bei gleichzeitig überschaubarem Aufwand. Studien belegen, dass der Einstieg in die Automatisierung lohnenswert ist: Hohe ROI-Raten, starke Produktivitätssteigerungen und breite Anwenderzufriedenheit sprechen dafür.

Wesentlich ist dabei eine strategische Herangehensweise: Digitalisierung darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss Teil der Unternehmensstrategie sein. Mittelständler sollten in Schulung und IT-Skills investieren und – wo nötig – auf externe Expertise zurückgreifen, um Know-how-Lücken zu schließen. Technisch gilt es, Plattformen auszuwählen, die zusammen mit bestehenden Systemen skalierbar sind (APIs, Integrationssupport) und DSGVO-konform arbeiten. Beim Rollout empfiehlt sich ein schrittweises Vorgehen nach Lean-Prinzipien – Kleine, gut definierte Prozesse zuerst, dann sukzessive ausweiten.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Automatisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Prozess- und Qualitätsoptimierung. Unternehmen, die heute agile Technologien wie RPA, KI und Low-Code nutzen, schaffen schneller Freiräume für Innovation, können Ressourcen gezielter einsetzen und gewinnen in komplexen Märkten an Flexibilität. Mit den richtigen Pilotprojekten, klaren Zielen und engagierter Einbindung der Mitarbeiter kann der deutsche Mittelstand die Potenziale schon bald realisieren – Schritt für Schritt hin zu schlankeren, digital gestützten Prozessen.

Quellen: (Auswahl) Studien und Fachartikel (KfW Digitalisierung, PwC, IDC/UiPath, Mittelstand-heute, Comarch, Wirtschaft-digital BW etc.) wurden ausführlich ausgewertet, ebenso wie Praxisberichte und Lösungsbeispiele mittelständischer Unternehmen.